Der Status einer Gemeinnützigkeit reicht nicht aus, um bei der Vergütung eines Auszubildenden von der Orientierung an den einschlägigen Tarifverträgen abzuweichen. Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht mehr angemessen, so das Bundesarbeitsgericht, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelte Höhe um mehr als 20 Prozent unterschreitet. Allerdings: Ein durch Spenden Dritter finanzierter Lohn eines Auszubildenden, der mehr als 20 Prozent unter den tariflichen Sätzen liegt, ist noch nicht zwingend unangemessen. Vielmehr kann der Ausbilder die darauf gerichtete Vermutung widerlegen, indem er darlegt, dass besondere Umstände die niedrigere Bezahlung rechtfertigen.

In diesem zu Grunde liegenden Fall ist der Beklagte ein gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der Förderung der qualifizierten Berufsausbildung. Dazu schließt er Berufsausbildungsverträge ab. Die Ausbildung erfolgt in seinen Mitgliedsbetrieben. Der im September 1990 geborene Kläger bewarb sich im Januar 2008 bei einem solchen Mitgliedsunternehmen erfolgreich um eine Lehrstelle zum Maschinen- und Anlageführer. Während seines Ausbildungsverhältnisses vom 1. September 2008 bis zum 7. Februar 2012 erhielt er nur etwa 55 Prozent der eigentlichen Ausbildungsvergütung nach den Tarifverträgen für die Metall- und Elektroindustrie in Bayern.

Mit seiner Klage verlangt der Auszubildende auf der Grundlage der tariflichen Ausbildungsvergütung die Zahlung weiterer 21.678,02 Euro brutto. Sie hatte in allen drei Instanzen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat mit Recht die Unangemessenheit der gezahlten Ausbildungsvergütung festgestellt und entgegen der Ansicht des Beklagten rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Ausbildungsvergütung auch eine Entlohnung der geleisteten Arbeit darstellt. Diese kam zwar nicht dem Beklagten selbst, jedoch seinem Mitgliedsunternehmen zu Gute. Besondere Umstände, die geeignet sein könnten, trotz des Unterschreitens der tariflichen Ausbildungssätze um fast 50 Prozent die Vermutung der Unangemessenheit der vom Beklagten gezahlten Ausbildungsvergütung zu widerlegen, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Der Beklagte hat solche Umstände auch nicht dargetan.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 29. April 2015 – 9 AZR 108/14