Vier von einem Streik der Fluglotsen am 6. April 2009 am Stuttgarter
Flughafen betroffenen Luftverkehrsgesellschaften begehrten von der
streikführenden Gewerkschaft der Flugsicherung e.V. (GdF) Schadensersatz
wegen ausgefallener, verspäteter oder umgeleiteter Flüge. Die Forderung der
Fluglinien ist vom Bundesarbeitsgericht abgewiesen worden. Die Entscheidung
ist als Grundsatzurteil anzusehen, denn es ging erstmals um Ansprüche von
Drittbetroffenen, und es wird sich auch auf andere Branchen beziehen können.

Zum Hintergrund: Im Frühjahr 2008 forderte die GdF den Betreiber des
Verkehrsflughafens Stuttgart – die Flughafen Stuttgart GmbH – zu
Tarifverhandlungen für die dort beschäftigten Arbeitnehmer der
Vorfeldkontrolle/Verkehrszentrale auf. Vom 3. bis 6. März 2009 fand zunächst
ein befristeter Streik dieser Beschäftigten statt, der danach auf
unbestimmte Zeit verlängert wurde. Für den 6. April 2009 rief die GdF die
bei ihr organisierten und bei der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS)
angestellten Fluglotsen am Standort Stuttgart zu einem Streik in der Zeit
von 16 bis 22 Uhr zur Unterstützung des Hauptarbeitskampfes der
Beschäftigten der Vorfeldkontrolle/Verkehrszentrale auf. Entsprechend einer
Notdienstvereinbarung mit der DFS wickelten die Fluglotsen 25 Prozent des
planmäßigen Luftverkehrs ab. Dennoch fielen zahlreiche Flüge der Kläger aus,
weitere hatten Verspätung oder mussten umgeleitet werden. Aufgrund einer
Verbotsverfügung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main brach die GdF den
Unterstützungsstreik vorzeitig ab.

Die Vorinstanzen haben die im Wesentlichen auf die Zahlung von
Schadensersatz aus unerlaubter Handlung gerichteten Klagen abgewiesen. Die
Revisionen hatten vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen
Erfolg. Ein Schadensersatzanspruch wegen einer widerrechtlichen
Eigentumsverletzung in Form einer erheblichen Nutzungsbeeinträchtigung an
den Flugzeugen (gemäß § 823 Abs. 1 BGB) besteht nicht. Das Recht der
Luchtverkehrsgesellschaften am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
als sonstiges Recht (iSd. § 823 Abs. 1 BGB) ist ebenfalls nicht verletzt
worden.

Der Streik der Fluglotsen war gegen den Betrieb der DFS gerichtet. Ein
Eingriff in die Gewerbebetriebe der Kläger war damit nicht verbunden und ist
insbesondere nicht wegen der öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen für
Luftverkehrsunternehmen anzunehmen. Auch die Voraussetzungen einer
sittenwidrigen Schädigung der drittbetroffenen Fluglinien (iSd. § 826 BGB)
durch den Arbeitskampf bei der DFS liegen nicht vor.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 25. August 2015 – 1 AZR 754/13

Der Senat hat am selben Tag über die Revisionen von drei Fluggesellschaften
verhandelt, die sich gegen die Abweisung ihrer Schadensersatzklagen wegen
zwei von der GdF für den 4. und 9. August 2011 angekündigter, tatsächlich
aber nicht durchgeführter Streikmaßnahmen aller Tarifbeschäftigten der DFS
richtete. Auch in diesem Fall hatten die Revisionen keinen Erfolg (Urteil
vom 25. August 2015 – 1 AZR 875/13).