Verletzt sich eine Spielerin beim Frauenfußball im Rahmen eines um den Ball geführten, üblichen Zweikampfs, stehen ihr gegen die andere daran beteiligte Spielerin keine Schadensersatzansprüche zu. Grundlage hierzu sind die höchstrichterlichen Haftungsregeln bei sportlichen Wettkämpfen mit
erheblichem Gefahrenpotenzial, die auch im Männerfußball Anwendung finden.

Die am Rechtsstreit beteiligten Fußballerinnen trafen im Juni 2015 in der
Glückauf-Kampfbahn in Gelsenkirchen ausgetragenen Bezirksligaspiel
aufeinander. Wenige Minuten nach Spielbeginn gab die Klägerin – eine
Mittelfeldspielerin – im gegnerischen 16-Meter-Raum einen Torschuss ab und
unmittelbar darauf durch einen Tritt der Beklagten – der Torhüterin des
gegnerischen Teams – am rechten Unterschenkel verletzt. Der Schiedsrichter
erkannte allerdings nicht auf Foulspiel; die Klägerin schied aus dem Spiel
aus mit einer Unterschenkelfraktur zu, die später operiert werden musste.
Komplikationen im Heilungsverlauf machten weitere Operationen erforderlich.
Nach Darstellung der Klägerin bildete sich bei ihr aufgrund der Verletzung
ein Kompartmentsyndrom aus, das eine traumatische Nervenverletzung zur Folge
hatte, sodass sie noch heute sichtbar gehbehindert ist.

Mit der Begründung, die Torfrau hätte sie absichtlich mit gestrecktem Bein
gefoult, hat die Klägerin Schadensersatz verlangt, unter anderem ein
Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro. Die Beklagte bestritt die Absicht.
Sie sei im Kampf um den Ball einen Sekundenbruchteil, nachdem die Klägerin
den Ball ins Tor spitzeln konnte, zu spät gekommen und habe den Zusammenstoß
mit der Gegenspielerin nicht mehr verhindern können, weil beide mit hoher
Geschwindigkeit auf dem Ball zugelaufen seien.

Nach Anhörung beider Parteien, des Schiedsrichters, von Zuschauern sowie
Spielerinnen beider Mannschaften als Zeugen hatte das Landgericht Essen die
Klage auf Schadensersatz abgewiesen. Die Klägerin habe sich die Verletzung
bei einem sportlichen Wettkampf mit beachtlichem Gefahrenpotenzial
zugezogen. Bei diesem bestehe typischerweise auch bei Einhaltung der Regeln
oder bei geringfügigen Regelverletzungen die Gefahr gegenseitiger
Schädigung. Daher sei davon auszugehen, dass jeder Teilnehmer Verletzungen,
auch mit schwersten Folgen, in Kauf nehme, die bei einer regelkonformen
Ausübung der Sportart nicht zu vermeiden seien.

Eine Haftung kommt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur bei
vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Regelwidrigkeit und beim Überschreiten
der Grenze zwischen noch gerechtfertigter Härte und unfairem Regelverstoß in
Betracht. Einen derartigen Regelverstoß habe die Klägerin in Bezug auf ihre
erlittene Verletzung nicht beweisen können.

Die Klägerin legte gegen das Urteil Berufung ein, nahm sie allerdings wieder
zurück, nachdem auch das Oberlandesgericht Hamm auf die höchstrichterliche
Rechtsprechung hinwies und den rechtlichen Bewertungsmaßstab des
Landgerichts sowie dessen Beweiswürdigung bestätigt. Den Zeugenaussagen sei
zu entnehmen, so der Neunte Senat des OLG, dass die Klägerin bei einem
üblichen Zweikampf um den Ball verletzt worden sei. Keine Aussage hätte den
Schluss zugelassen, dass es der Beklagten in der Spielsituation allein darum
gegangen sei, die Klägerin für ihren Torschuss regelwidrig zu bestrafen.

Oberlandesgericht Hamm
Hinweisbeschluss vom 22. Dezember 2016 – 9 U
138/16

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