Die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von personenbezogenen Daten zur
Aufdeckung von Straftaten setzt gemäß Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
lediglich einen “einfachen” Verdacht im Sinne eines Anfangsverdachts voraus,
der über vage Anhaltspunkte und bloße Mutmaßungen hinausreichen muss. Liegt
diese Voraussetzung vor, können Aufnahmen aus einer verdeckten
Videoüberwachung auch dann verwertbar sein, wenn der Arbeitgeber das
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats missachtet hat. Hierauf verweist der
VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte in einer aktuellen
Pressemitteilung mit Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
(BAG) vom 20. Oktober 2016 (Az.: 2 AZR 395/15).

Der Kläger war bei einem Kfz-Vertragshändler angestellt. Nachdem bei
Inventuren im November 2013 und Februar 2014 erhebliche Fehlbestände
festgestellt wurden, machte der Arbeitgeber diese Differenzen
betriebsöffentlich und untersagte – mit Ausnahme der zwei Lageristen – allen
Beschäftigten den Zutritt zum Lager und verbot ihnen, Teile aus den Regalen
zu nehmen. Nachdem die Fehlbestände nicht aufgeklärt werden konnten,
installierte der Arbeitgeber eine Videokamera, mittels derer die Vorgänge im
Ersatzteillager aufgezeichnet wurden. Von dieser Maßnahme hatten nur die
beiden Lageristen und der vor Ort eingesetzte Betriebsleiter Kenntnis. Der
Betriebsrat wurde nicht beteiligt.

Eine im August 2014 ausgewertete Aufzeichnung zeigt, wie der Kläger das
Lager betrat, aus einem Regal ein Paket Bremsklötze entnahm und es sodann in
seiner Hosentasche verstaute. In einem Personalgespräch gab der Kläger an,
dass er sich diesen Vorgang nicht erklären könne. “Natürlich” wolle er
“wegen eines solchen Teils” nicht seinen Arbeitsplatz “riskieren”, so seine
Aussage. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise
ordentlich.

Der Kläger hielt die Kündigung für unwirksam. Die Videoüberwachung habe sein
Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Video dürfe nicht als Beweismittel
verwertet werden. Es gebe zudem keinen Anhaltspunkt dafür, dass er die
Bremsklötze aus dem Betrieb entfernt habe. Es könne genauso gut sein, dass
eine dienstliche Verwendung der Bremsklötze fälschlich nicht dokumentiert
worden sei. Unabhängig davon habe der Arbeitgeber die Videoaufzeichnungen
unter Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen und von
Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats erlangt. Beides führe dazu, dass die
Mitschnitte als Beweismittel und das hierauf gestützte Vorbringen der
Beklagten prozessual nicht verwertbar seien.

Die stattgegebene Kündigungsschutzklage durch das Landesarbeitsgericht Köln
hob in nächster Instanz das Bundesarbeitsgericht wieder auf.

Eingriffe in das Recht der Arbeitnehmer am eigenen Bild durch verdeckte
Videoüberwachung sind nach der ständigen Rechtsprechung des BAG dann
zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer
anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger
einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft
sind, die verdeckte Videoüberwachung damit das praktisch einzig verbleibende
Mittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist. Dabei müsse
sich der Verdacht auf eine konkrete strafbare Handlung oder “eine andere
schwere Verfehlung” zu Lasten des Arbeitgebers richten. Dieser dürfe sich
aber nicht auf die allgemeine Mutmaßung beschränken, es könnten Straftaten
begangen werden. Er müsse sich allerdings auch nicht notwendig nur gegen
einen einzelnen, bestimmten Arbeitnehmer richten.

Entgegen der Vorinstanz hielt das BAG es für nicht ausgeschlossen, dass
diese Voraussetzungen vorlagen. Denn die beiden direkt betroffenen
Lagermitarbeiter hätten der Videoüberwachung zugestimmt. Auch sei das
Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht verletzt worden. Denn dieser habe
sich trotz Verbots in dem Ersatzteillager aufgehalten. In solch einem Fall
sehe das Bundesdatenschutzgesetz die Verwertung der Videoaufnahmen als
Beweismittel vor. Dem stünde auch nicht die fehlende Zustimmung des
Betriebsrats entgegen.

Das Bundesarbeitsgericht hat insoweit bereits in seiner Entscheidung vom 22.
September 2016 (2 AZR 848/15) ausgeführt, dass die Missachtung des
Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nicht zu einem Verwertungsverbot
führt, wenn eine Informations- bzw. Beweisverwertung nach allgemeinen
Grundsätzen zulässig ist.Danach führt die Verletzung einer Verpflichtung des
Arbeitgebers zur Beteiligung des Betriebsrates nicht automatisch zu einem
Beweisverwertungsverbot.