Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Zulässigkeit von Werbung auf Facebook für Tierarzneimittel zu entscheiden. Darin ging es um eine verschreibungspflichtige Kautablette zur Behandlung von Zecken- und Flohbefall bei Hunden. Weil in den sozialen Medien massiv negativ über das Arzneimittel diskutiert wurde (“Shitstorm”), insbesondere was mögliche Nebenwirkungen anging, verbreitete die Herstellerfirma über Facebook mehrere Posts, gerichtet an die Zielgruppen “kritische Hundehalter” und “Tiermediziner/Tiermedizinische Fachangestellte”.

Ein Wettbewerber klagte auf Unterlassung, weil nach dem Heilmittelwerbegesetz (§ 10 Abs. 1 HWG) Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente nur bei den sogenannten Fachkreisen – insbesondere Tierärzten – zulässig, Werbung in der allgemeinen Öffentlichkeit aber verboten ist. Das Landgericht Köln hatte dem Antrag vollständig stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln in seiner Entscheidung differenziert.

Ein Post, der den Wirkstoff als “als sicheres und wirksames Mittel gegen Flöhe und Zecken” bezeichnet, bleibt verboten. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, dass das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 10 Abs. 1 HWG auch für Tiermedizin verfassungsrechtlich zulässig sei.

Der gesetzliche Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Berufs- und Meinungsfreiheit der Hersteller von Tierarzneimitteln sei gerechtfertigt. Die Norm solle den Tierarzt vor Einflussnahme schützen. Diesem bleibe die Entscheidung vorbehalten, ob und welche Medikamente er aufgrund seiner Expertise verschreiben möchte.

Diese Möglichkeit der freien Entscheidung des Tierarztes kann durch Werbung für das Medikament in der allgemeinen Öffentlichkeit erheblich beeinflusst werden. So könnten Tierhalter aufgrund der Werbung einen Tierarzt zur Verschreibung drängen oder versuchen, das Arzneimittel ohne Konsultation eines Tierarztes zu erhalten. Damit dient das Werbeverbot letztlich auch dem Tierwohl.

Der das Verfahren betreffende Post ist wegen der Nennung des Wirkstoffs und des Logos der Herstellerin als produktbezogene Werbung einzuordnen, die über Facebook auch außerhalb der Fachkreise geschaltet worden sei. Die Werbung sei darüber hinaus auch innerhalb der Fachkreise – also unter anderem gegenüber Tierärzten – zu unterlassen, denn durch die besondere Herausstellung der Sicherheit des Mittels würde bei den angesprochenen Verkehrskreisen der unrichtige Eindruck erweckt, das Arzneimittel habe keine Nebenwirkungen. Der Umstand, dass das Arzneimittel behördlich zugelassen sei, genüge nicht, um es als “sicher” zu bezeichnen, weil sich aus der Zulassung nur ein positives Verhältnis zwischen Nebenwirkungen und Behandlungserfolg ergebe.

Ein Post mit der Frage “Ist dieses verschreibungspflichtige Medikament sicher für meinen Hund?” ist dagegen erlaubt. Auch dieser Post ist zwar als Werbung einzuordnen, aber bei verfassungskonformer Auslegung von § 10 HWG zulässig. Der Post wird nur für denjenigen als Werbung für ein konkretes Produkt erkennbar, der den “Shitstorm” gegen das Produkt kennt. Facebook-Nutzer, deren Interesse nicht aufgrund einer anderweitigen Kenntnis von der Diskussion über das Arzneimittel geweckt worden ist, würden sich mit der Darstellung nicht weiter auseinandersetzen. Außerdem würden in dem Post nicht die besonderen Vorteile des Mittels beworben, sondern die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Produkts, welche Gegenstand der auf Facebook geführten Diskussion gewesen war. Insgesamt würde daher letztlich nicht ein breiter Kreis von Tierhaltern angesprochen, sondern lediglich Personen, denen das Arzneimittel und die Diskussion hierüber bereits bekannt sind.

Die mit einer solchen Werbung verbundenen Risiken, denen der Gesetzgeber durch das Werbeverbot begegnen will, können sich daher bei diesem Personenkreis kaum verwirklichen. Im Ergebnis überwiegt das Interesse des Herstellers, sich in die Diskussion über die Gefahren und Risiken ihres Arzneimittels einzubringen.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.


Oberlandesgericht Köln
Urteil vom vom 12. Januar 2018 – 6 U 92/17

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